Programm:
Sa, 11. Okt 17 – 19 Uhr
Vernissage
Wilkommensrede, Einführung in die Ausstellung
durch den Kurator und Präsentation der Edition zur Ausstellung
So 19. Okt / So 2. Nov
jeweils um 15 Uhr
Sonntagstour mit Joos Ziegler
Sa 6. Dez 15 – 19 Uhr
Der Lange Nachmittag der Kunst
Soundperformance mit Nele Möller und Gespräch
So 7. Dez 15 – 17 Uhr
Finissage
umfassende Präsentation der
Edition zur Ausstellung
und aller Editionen des Jahres
15 Uhr
Führung und Gespräch – „Walk and Talk“
durch die Ausstellung mit dem Kurator Stephan Klee
16 Uhr
Ausklang
Die Solo-Schau Between the Lines kombiniert umfassende Recherche mit künstlerischer Gestaltung zu unterschiedlichen realen Territorien weltweit: Vom heutigen Zustand des Schlachtfeldes von Verdun, über das Vorkommen Seltener Erden in der Dem. Republik Kongo bis hin zu den potentiellen Lebenshabitaten in den unterschiedlichen Gewässern in und um Göttingen.
In ihren Arbeiten bewegt sich die niederländische Künstlerin Marjolijn Dijkman sowohl zwischen Forschungsdisziplinen als auch zwischen Medien. Sie arbeitet an der Grenze zwischen Kunst und Naturwissenschaften und entwickelt teils eigene Methoden um ihre Forschungsergebnisse künstlerisch fassbar zu machen. So schafft sie es Untersuchungen und Feldproben in ein multisensorisches Arrangement zu verwandeln, das dem Betrachter auch körperlich nahe bringt welche Spuren der Mensch auf dieser Erde hinterlassen hat und hinterlässt.
Beispielhaft hierfür ist die titelgebende Arbeit Between the Lines. Diese raumfüllende Installation verbindet auf Metallvorrichtungen aufgestellte Baumstämme mit einer Klanginstallation und einem Video Essay. Die Baumstämme stammen aus der sogenannten "zone rouge", einer 120.000 Hektar großen Zone auf dem ehemaligen Schlachtfeld von Verdun im Nordosten Frankreichs. Nach dem Krieg wurde dieser Streifen Land von der französischen Regierung als „vollständig zerstört“ definiert. "Schäden an Eigentum: 100%. Schäden in der Landwirtschaft: 100 %. Eine Säuberung ist unmöglich. Menschliches Leben ist unmöglich."
Nicht nur undetonierte Bomben und Munition, sondern auch Chemikalien wie Arsen, Chlor und Phosgen, mit denen sich die gegnerischen Armeen gegenseitig beschossen hatten, verbieten jedes menschliche Leben hier.
Als Wiedergutmachung hatte Deutschland nach dem Krieg Baumsetzlinge gespendet. Ein dichter Fichtenwald sollte den gefährlichen Zugang unmöglich, und das Gebiet so zu einem neuen
Niemandsland, einem "lebenden Sarkophag" machen.
Doch die gesetzte Monokultur entpuppte sich als wenig resilient. Der auch im Harz heimische Borkenkäfer ließ den dichten Wald bald lichter werden. Als nun die Hitzesommer 2018 und 2019 es ihm ermöglichten zweimal jährlich Eier zu legen, breitete sich der Befall dramatisch aus. Schaut man genauer hin, dann sieht man auf den Stämmen die Schrift-ähnlichen Spuren des Käfers.
Diese Geschichte wird in den Bildern des Videos erzählt. Collagiert sind einerseits Aufnahmen des Schlachtfeldes vom Boden und aus der Luft - mithilfe der sogenannten LiDAR Technologie lassen sich auf Laufaufnahmen Bombenkrater in der Landschaft erkennen - genauso wie Aufnahmen des Käfers. Neben dem ehemaligen Schlachtfeld taucht er nun auf und gräbt seine den Frontverläufen ähnelnden Gänge. Eine Art Fraktal-Effekt wird erzeugt. Der erste industrielle Krieg wird von einer noch größeren Auseinandersetzung überlagert. Der vom Menschen und seiner Umwelt. Einem Konflikt indem er sich selbst zu besiegen scheint. Untermalt ist diese Installation mit einer Tonarbeit des Komponisten Henry Vega. Inspiriert ist diese Komposition von den Klängen des ersten Weltkriegs. Im Vordergrund von Vegas Komposition stehen Trommeln - der erste Weltkrieg war der letzte Krieg mit Marschkapellen. Auch an Morse Code, einer in den Weltkriegsjahren gebräuchlicher Telegrafensprache, wird hier angespielt. Er bietet die Überleitung zum Käfer-Thema. Auch die Borkenkäfer nutzen Klopflaute um unter der Rinde miteinander zu kommunizieren. Es wird unklar wer hier mit wem kommuniziert.
Neben dem europäischen Terrain von Verdun setzt sich Dijkman auch mit dem Abbau der für unserer digitalen Technologien notwendigen "seltenen Erden" in der Dem. Republik Kongo auseinander. Ebenso zeigt sie arbeitet sie in der Arbeit Liquid Properties mit Wasserproben aus Göttingen.
Dijkman vereint in ihrer Arbeit also in vielerlei Hinsicht die zentralen Motive der Ausstellungsreihe Terra Diaspora Aktive Terrains. Sie verbindet die sensorische Betonung der vorherigen Ausstellung mit einer konzeptuellen Vielschichtigkeit, die wir bereits in TERRA DIASPORA – Aktives Terrain N°2 „Collapse is not a destination, it is a process“ gesehen haben.