8 Figuren, über 80 Teile und ein neuer Blick auf Erziehung und Natur: Die Kaffeegesellschaft aus Fürstenberg

Auf Schatzsuche... im Museum Schloss Fürstenberg

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Museumsleiter Christian Lechelt verdeutlicht anhand der „Kaffeegesellschaft“ aus Fürstenberg, welche komplexe Technik sich hinter diesen Objekten verbirgt und was sie zugleich über gesellschaftliche Entwicklungen aussagen.

 

Was ist das? 

Es ist das aufwändigste figürliche Porzellankunstwerk, das im 18. Jahrhundert in der Porzellanmanufaktur Fürstenberg entstanden ist. In den alten Modellverzeichnissen ist die vermeintlich heimelige Familienszene rund um einen gedeckten Tisch ganz nüchtern beschrieben: „ein Kaffeetisch mit 8 Figuren, als 4 große und 4 kleine, bekleidet“. Gestaltet hatte das Ganze der Künstler Desoches, der 1769 aus Paris nach Fürstenberg geholt worden war. Mit ihm sollte neuester, französischer Geschmack ins Sortiment kommen und die Kundschaft begeistern. Leider ist über Desoches fast nichts bekannt, noch nicht einmal seinen Vornamen kennt man mit Sicherheit. Vielleicht hieß er Jean. Oder Jacques.

 

Warum ist es für dich ein besonderes Objekt?

Sentimentale Familienszenen mit moralisierender Aussage standen in der damaligen Zeit hoch im Kurs. So zeigt uns auch Desoches weitaus mehr als nur eine nette Runde, die sich zum Kaffeeklatsch zusammengefunden hat. Taucht man tiefer ein in die Zeitgeschichte und beleuchtet den Entstehungskontext, dann wird aus der „Kaffeegesellschaft“ ein gewichtiges und sprechendes Kunstwerk. Der Künstler zeigt sich auf der Höhe seiner Zeit was Themen wie Kindererziehung, Liebe und zwischenmenschliches Miteinander angeht. Es ist die Zeit von Rousseau und seinem Ideal „zurück zur Natur“ und der Neubewertung der Kindheit als eigenwertigem Lebensabschnitt.

 

Was erzählt es über die Südniedersachsen und Fürstenberg? 

Zugleich steht die „Kaffeegesellschaft“ aber auch für die hochentwickelte Handwerkskunst, die seit ihrer Gründung 1747 in der Porzellanmanufaktur gepflegt wird. Gerade an diesem Beispiel erläutern wir gerne, wie die Herstellung einer Porzellanfigur vonstattengeht. Dafür wurden die über 80 Einzelteile der Figurengruppe in einer Explosionsinszenierung arrangiert. So lassen sich auf einen Blick der außerordentliche Aufwand und die Komplexität erahnen.
Für uns ist die „Kaffeegesellschaft“ somit ein Symbol für die manufakturelle Porzellankunst, in der sich immer die kunsthandwerkle Exzellenz mit der künstlerischen Gestaltung und der inhaltlichen Bedeutung verbindet.

 

Wo kann man es sehen? 

Das Kabinett bildet den Auftakt zur Hauptausstellungsetage des Museums Schloss Fürstenberg.
 

In unserer Serie Auf Schatzsuche... stellen wir euch besondere Objekte aus den Museen Südniedersachsens vor. Wir haben Museumsleitungen und Kurator:innen gefragt, welche besonderen Dinge es in ihren Museen zu entdecken gibt und präsentieren euch diese im kulturis-Magazin.

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