So manche Museumsobjekte haben bereits etliche Jahrhunderte und geschichtliche Ereignisse überdauert. Ihr Zustand zeugt davon, was sie bereits alles „mitgemacht” haben, doch oft kann heute nicht mehr rekonstruiert werden, welche konkreten geschichtlichen Ereignisse ihre Spuren hinterlassen haben. Maria Julia Hartgen vom ZisterzienserMuseum Kloster Walkenried stellt uns ein solches besonderes Objekt vor.
Was ist das?
Bei der nahezu lebensgroßen Skulptur aus Kalkstein handelt es sich um eine Muttergottes mit Kind. Maria ist als thronende Himmelskönigin dargestellt. Auf dem Kopf trug sie ursprünglich eine vermutlich goldene Krone. Ihren leicht gebogenen Oberkörper wendet sie dem Jesuskind zu, das mit gespreizten Beinen auf ihrem Schoß sitzt und sich im Arm der Mutter zurücklehnt. Die regelmäßigen und weich modellierten Gewandfalten, der geneigte Kopf und das lange lockige Haar zeigen einen eher naturalistischen Stil.
Warum ist die Marien-Skulptur für das ZisterzienserMuseum Kloster Walkenried ein besonderes Objekt?
Die gotische Madonnenfigur entstand in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts und gehört somit zu den ältesten überlieferten Madonnen aus einem Zisterzienserkloster im deutschsprachigen Raum. Doch nicht nur ihr Alter macht die leider stark beschädigte Gottesmutter zu etwas ganz Besonderem: Sehr wahrscheinlich hatten Gottesmutter und Jesuskind ursprünglich ihren Platz auf dem Hochaltar der Walkenrieder Klosterkirche, die heute nur noch als Ruine erhalten ist.
Was erzählt die Skulptur über Südniedersachsen und das Kloster Walkenried?
Zisterziensermönchen wurde schon im Mittelalter eine besondere Marienfrömmigkeit nachgesagt. Den heiliggesprochenen Zisterziensern Bernhard von Clairvaux und Alberich von Cîteaux erschien die Gottesmutter, letzterem soll Maria das weiße Ordensgewand überreicht haben – so wurden die Zisterzienser zu den weißen Mönchen. Auch die Klosterkirche in Walkenried war neben dem Heiligen Martin der Gottesmutter geweiht. Am 3. Mai 1525 – vor genau 500 Jahren – wurde das Kloster im Zuge des Bauernkriegs von mehreren Hundert Bauern überfallen und geplündert. Die Aufständischen zerstörten den Dachreiter der Klosterkirche, wodurch auch der Chorraum stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Ob die Madonna an ihrem exponierten Standort auf dem Hochaltar ebenfalls beschädigt wurde und ob die Bauern die goldene Krone entwendeten, lässt sich heute nicht mehr sagen – es ist aber denkbar.
Wie kam die Marien-Skulptur ins Museum?
Als 2006 das ZisterzienserMuseum in der vollständig erhaltenen Klausur eröffnet wurde, waren Maria und Jesuskind schon über 700 Jahre im Kloster Walkenried. Nachdem die Klosterkirche 1570 wegen Baufälligkeit aufgegeben werden musste, fand die Figur im Kreuzgang ihren neuen Aufstellungsort.
Wo kann man sie sehen?
Die Madonnenfigur erwartet nicht nur im Marienmonat Mai alle Besucherinnen und Besucher des ZisterzienserMuseums im doppelschiffigen Kreuzgang in unmittelbarer Nähe zur Mönchspforte.
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