Israel in Egypt HWV 54 - Oratorium

Internationale Händel Festspiele Göttingen

Die Geschichte des Volkes Israel ist eine Fluchtgeschichte: Mit dem „Exodus“, dem Auszug aus Ägypten, beginnt das zweite Buch des Tanach und des Alten Testaments. Eine historische Grundlage gibt es hierfür nicht, wohl aber die Tatsache, dass zu Zeiten der Pharaonen afro-asiatische Nomaden, Semiten, zu gigantischen Bauarbeiten gezwungen wurden und manchen von ihnen in Kleingruppen die Flucht aus Ägypten glückte. Die biblische Rettung gelingt durch Moses, der die Fliehenden durch Schilfmeer und Wüste bis ins bergige Kanaan führt – das Gebiet, das den Israeliten als Siedlungsfläche durch ihren Gott JHWH versprochen wurde.

Als sich Georg Friedrich Händel 1738 dem Stoff widmete, war das Königreich Großbritannien unter Georg II. im Begriff, mittels Sklavenarbeit die Kolonien auszuweiten. Händels Wahlheimat stand damals in Konkurrenz zum verhassten Spanien, dem es schon bald den Rang als Weltmacht abtrotzen sollte. Das Oratorium Israel in Egypt birgt jedoch keine Kritik am britischen Kolonialstil. Im Gegenteil, Händel versuchte, den Zeitgeist zu treffen: Die Engländer sahen sich als auserwähltes Volk – Aaron, Sarah und Abraham waren zu jener Zeit ihre beliebtesten Taufnamen. In der sich selbst übergestülpten Rolle konnten sie dem imperialistischen Gestus ihrer Politik einen unverfänglichen Platz zuweisen.

Mit dem Thema war Händel also am Puls der Zeit – aber musikalisch forderte er das Publikum heraus. Die wuchtigen Klänge, die dramatischen Schilderungen des Chores verfehlen bis heute nicht ihre Wirkung. Im ersten Teil, der damals auf die Trauerode für Queen Caroline folgte, lässt Händel die zehn biblischen Plagen, die Ägypten befallen, weil der Pharao die Sklaven nicht ziehen lassen will, musikalisch über das Publikum herfallen: Der Hagelchor fegt mit bombastischen Dreiklängen durch den Saal, beim Mückenchor möchte man sich aufgrund des Violinschwirrens fast ins Gesicht klatschen und der Paukenwirbel zieht Hörerinnen und Hörer in seinen Sog wie das tosende Meer die ägyptischen Verfolger.

Verseuchtes Wasser, Insektenplagen, Epidemien, Klimakatastrophen bis hin zum Tod ... Es ist doch erstaunlich, dass Ausbeutung und Unterdrückung bis heute denselben Tribut fordern – ganz ohne göttliche Rache. Ob mutige Geflüchtete irgendwann wie bei Händel in Chor-Kaskaden triumphieren und im Trompetenglanz erstrahlen werden?

Werk von Georg Friedrich Händel

Weitere Aufführung
18.5. | 19.00 Uhr
Stadthalle Göttingen

Tickets über den NDR Ticketshop:
Tickets NDR Vokalensemble "Israel in Egypt" | NDR Ticketshop

Ruby Hughes Sopran
Lucy De Butts Sopran
Maarten Engeltjes Countertenor
Fabio Trümpy Tenor
Joshua Bloom Bass
Andreas Pruys Bass

NDR Vokalensemble

FestspielOrchester Göttingen

Klaas Stok Musikalische Leitung

Fokus

Nächste Termine

Nächste Termine

Ähnliche Angebote

Ähnliche Angebote
  • Bild
    Hann. Mündener Mythentage

    Hann. Mündener Mythentage

    Fabeltiere - Phantastische Geschöpfe unserer Märchen- und Sagenwelt

    Taucht mit uns vom 14. bis 30. Oktober in eine fast vergessene Welt ein! Zwei Wochen lang verwandelt sich Hann. Münden in eine verzauberte Stadt voller Fabelwesen und märchenhafter Geschöpfe...

  • Bild
    Roland Lange, Dirk Heimberg

    Bond trifft Blume

    Krimi-Lesung und James-Bond-Filmmelodien

    „Bond trifft Blume" so heißt das Lesungsprogramm, das Roland Lange gemeinsam mit dem Gitarristen Dirk Heimberg auf die Bühne bringt. Das Publikum darf sich dabei auf spannende Leseszenen um den...

  • Bild
    Collage zum DKKD

    DenkmalKunst KunstDenkmal Festival

    Unter dem Motto „Tür auf, Kunst rein, begeistert sein!“ erhalten i nteressierte Bürger*innen und Fachwerkfreund*innen neun Tage lang Zutritt zu normalerweise nicht oder wenig zugänglichen Häusern und...

  • Bild
    Der Musikerstammtisch probt im Theater der Nacht

    Musikerstammtisch

    monatlich freier Eintritt – keine Anmeldung erforderlich. Hier treffen sich Musiker und Musikbegeisterte aus der Region, um zu fachsimpeln, sich auszutauschen und natürlich auch um Musik zu machen.